Buch: UTE KLEIN. FLUSS, Scheidegger&Spiess, Zürich, Texte: Katharina Ammann, Holzner/Kinzelbach

 

„Fluss - hin und her“ – Thurgauer Kantonalbank Wängi

Beim Betreten des neuen Schalterraums der Thurgauer Kantonalbank in Wängi empfängt die Besucherinnen und Besucher eine leichte, fast schwebende Malerei von der Thurgauer Künstlerin Ute Klein. Sie ist gegenüber dem Eingang auf den gläsernen Schiebetüren, welche die Tresortüren verdecken, angebracht. Vorlage dafür ist eine Malerei auf Papier, welche vergrössert auf Folie gedruckt und so ausgeschnitten wurde, dass nun das geätzte Glas an die Stelle des Papiers tritt.

Ute Kleins Gemälde aus der Serie „Fluss“ entstehen ohne Pinsel. Vielmehr giesst sie die Ölfarben auf das Blatt und bringt sie durch gezieltes Anheben des Papiers zum Fliessen. Was einfach klingt, birgt eine unendliche Vielfalt gestalterischer Möglichkeiten in sich. So lässt die Erfahrung der Künstlerin ein gewisses Mass an Kontrolle zu, doch der stets mitwirkende Zufall bringt immer auch Unberechenbares und Überraschendes in den Entstehungsprozess ein.

Je nach Geschwindigkeit und Richtung der Handgriffe und je nach Dünnflüssigkeit der Farben bilden diese grosse Flächen und Ströme oder feine Linien. Sie fliessen ineinander und bilden neue Mischfarben, wie das leuchtende Grün, welches aus der Überlagerung des Gelb mit dem Hellblau entsteht. Auch die Pigmente verhalten sich unterschiedlich; manche bilden opake, glänzende Oberflächen, andere werden transparent und lassen, wie das Blau, die Papierfaserung sichtbar werden. Im Magenta wiederum lässt sich entdecken, wie es sich in unregelmässigen, tropfenförmigen Strukturen sammelt.

Für die Arbeit in Wängi hat Ute Klein bewusst die räumliche Situation und die Platzierung auf einer Schiebetüre in den Malprozess einbezogen. So liess sie die Farben vor allem seitlich fliessen, was eine Wellenbewegung, ein Hin- und Herströmen der Farbläufe ergibt und das Auseinander- und wieder Zusammengleiten der Glasscheiben widerspiegelt. Spannend ist dabei, zu beobachten, wie sich die Farben verändern, wenn die halbtransparenten Scheiben sich über die weissen Wände bewegen und für einen Moment die Malerei vor einem anderen Hintergrund zu liegen kommt. Wenn die Flächen und Linien des Gemäldes sich trennen und wieder zusammenfügen und wie ein Echo auf den Entstehungsprozess das Fliessen der Farben vor Augen führen.

Corinne Schatz, Kunsthistorikerin, St.Gallen, September 2008